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Der nachfolgende Text ist auch ein 2010 überarbeiteter Auszug aus meinem Buch. Da ich ihn auf seine Weise für besonders wichtig halte und er eine Allgemeingültigkeit besitzt, die weit über die Psychologie hinausgeht, habe ich ihm hier eine eigene Hauptseite spendiert. Es geht schlicht und einfach um den Unterschied von prärationalem, rationalem und transrationalem Bewußtsein und der Verwirrung, die durch die Verwechslung dieser aufeinanderfolgenden Entwicklungsebenen ensteht. Allein diese Erkenntnis Wilbers ist m. E. nicht hoch genug zu würdigen, da sie Licht in die Diskussion um ein aufgeklärtes Weltbild bringt.
 

 

 

Die Prä/Trans-Verwechslung

 

 

 


Viele Irritationen in der derzeitigen öffentlichen und auch wissenschaftlichen Diskussion beruhen nach Wilber auf der Verwechslung prärationaler und transrationaler Phänomene. Um das zu verdeutlichen, faßt er die verschiedenen Entwicklungsebenen zu drei Bereichen zusammen: Materie und Leben zum prärational-unbewußten Bereich, die Ebenen D-4 bis D-6 wird als rational-bewußt definiert und die Ebenen darüber zum transrational-überbewußten Bereich. Die Entwicklung über diese drei Bereiche ist außerdem durch eine zunehmende Individuation und anschließende ICH-Transzendenz geprägt, geht also vom präpersonalen zum personalen zum transpersonalen. Aufgrund der kognitiven Filter, die auf den rationalen Ebenen aufgebaut werden (der wichtigste ist z.B. unsere Sprache), können bestimmte Bereiche der Wirklichkeit nicht mehr wahrgenommen werden und erscheinen Menschen auf diesen Ebenen daher als irreal. Die transrationale Entwicklung ist eine Folge der konsequenten Anwendung der Subjekt-Objekt-Dichotomie: Wer ist das Subjekt, das mein Denken beobachten kann? Dadurch kommt es zu einer Überschreitung des rationalen Verstandes, jedoch unter Einschließung seiner Qualitäten. Durch diese Transzendenz des Rationalen werden bestimmte Bereiche des Bewußtseins, die vorher unbewußt waren, wieder unmittelbar zugänglich. So akzeptiert ein transrationales Bewußtsein sehr wohl die Grundsätzen der Logik und die Erkenntnisse der Wissenschaft, transzendiert aber deren Begrenzungen, indem es auch Intuition und andere Formen der Erkenntnisgewinnung zuläßt. Durch mangelnden Differenzierung werden prä- und transrationale Bereiche aufgrund einiger Ähnlichkeiten gerne verwechselt - vor allem von Vertretern der rationalen Ebenen. Doch gibt es deutliche Unterschiede. So sind beide z.B. eher bildlich statt verbal orientiert, der erstere aber gegenständlich, der letztere komplex-abstrakt. Während der erstere gar keine Logik kennt, folgt der letztere einer nichtlinearen Logik (z.B. Quantenphysik, Chaostheorie etc.). Die folgende Abbildung zeigt die detaillierte Entwicklung der Bereiche anhand der Individualentwicklung (1):
 

PraeTrans
 

Eine besondere Bedeutung kommt dabei auch der Verwechslung prä- und transpersonaler Phänomene zu: Sowohl prärationale als auch transrationale Menschen haben Zugang zu Bewußtseinsbereichen, die den Vertretern rationaler Ebenen verschlossen sind und die gemeinhin mit dem Inhalt von Religion assoziiert werden. Und so mancher rationale Mensch kann es einfach nicht verstehen, daß jemand, den er für noch klüger als sich selbst hält, plötzlich anfängt zu meditieren oder von spirituellen Dingen zu erzählen. Da die Unterschiede vielen Menschen nicht bekannt sind, kommt es immer wieder zu einer heillose Verwirrung mit oft dramatischen Folgen. So wird wahrhaft transpersonale Mystik voller Eifer von den Vertretern prärationaler mythischer Religionen(2) bekämpft; so werden Irrtümer und Halbwahrheiten, basierend auf der eingeschränkten Erkenntnisfähigkeit unserer Vorfahren (bei all der Weisheit, die sie auch hatten), als uraltes Wissen verkauft; so werden von Befürwortern und Kritikern munter Transpersonalität und Aberglaube vermischt: in Buchhandlungen, Fernsehsendungen und Bundestagsausschüssen. In Mißinterpretation historischer Erkenntnisse träumen verschiedene Vertreter der Tiefenökologie sehnsuchtsvoll vom Urkommunismus in der Organisation der frühen jagenden und Gartenbau betreibenden Stämme, während einige Feministinnen am liebsten wieder das Matriarchat einführen würden und so mancher Therapeut glaubt, daß die Rückkehr zum undifferenzierten Zustand der frühen Kindheit das wahre seelische Paradies eröffne und unsere Zivilisation eine häßliche Entgleisung sei - und halten es jeweils für Fortschritt.(3) Der rationale Atheist steht daneben und will verständlicherweise von all dem irrationalen Zeug, egal aus welcher Ecke, nichts mehr wissen. Für Wilber ist diese Ablehnung der prärational-präpersonalen Irrungen durch die Vertreter der Vernunft völlig gerechtfertigt, weil sie vor allem auf der Unfähigkeit einer differenzierten Wahrnehmung der Wirklichkeit beruhen:

»In der Verneinung Gottes durch die Vernunft ist mehr Spiritualität als in der Bejahung Gottes durch den Mythos, und zwar weil diese Verneinung mehr Tiefe hat. (Und das Transrationale deckt noch mehr Tiefe oder GEIST auf als Mythos oder Vernunft.)
Das Maß der echten Tiefe und Spiritualität der Vernunft ist ihre Anlage zu universalem Pluralismus, ihr Beharren auf universaler Toleranz, ihre Befähigung zu einer globalen Perspektive, ihr Eintreten für Wohlwollen und Mitgefühl über alle Grenzen hinweg. All das wird der Vernunft nicht aus mythischen Quellen von außen geoffenbart, sondern geht aus ihr selbst, aus ihrer eigenen Tiefe hervor. Deshalb muß sie nicht auf mythische Gottheiten zurückgreifen, um ihren Plan des universalen Wohlwollens als abgesegnet ausgeben zu können, und deshalb ist ein »Atheist«, der aus rational-universalem Einfühlungsvermögen handelt, spiritueller als ein Fundamentalist, der die Welt zu seinem mythischen Gott bekehren möchte. Daß der GEIST der Vernunft nicht am Himmel schwebt und Donnerkeile schleudert ... spricht eher für ihn als gegen ihn.« (Wilber in »Eros, Kósmos, Logos« S. 311)

Doch ist dies nur die halbe Wahrheit, da die Vertreter der Vernunft in der Ablehnung des Mythos im allgemeinen transrationale Formen der Wahrnehmung und Erkenntnis gleich mit ablehnen. Obwohl beide Bereiche nichtrational sind, liegen Welten zwischen ihnen. Werden erstere negiert, weil sie nicht mehr verstanden werden, so werden letztere negiert, weil sie noch nicht verstanden werden.
Diese Verwechslung hat auch Auswirkungen in der Psychologie, vor allem in der Differentialdiagnose von Psychosen und transpersonalen Zuständen: Während auf der einen Seite Psychotiker - die aufgrund ihrer Nichtrationalität auch einen, allerdings verzerrten Zugang zu transrationalen Inhalten haben können - zu transrationalen Mystikern stilisiert werden, werden auf der anderen Seite Menschen mit transrationalen Erfahrungen als Psychotiker klassifiziert (siehe unten). Diese Verwirrung geht Wilber zufolge schon auf die Auseinandersetzung zwischen Siegmund Freud und C. G. Jung zurück. Er schreibt dazu:

»Seit ich angefangen habe, über den Unterschied von prärationalen oder präpersonalen und transrationalen oder transpersonalen Bewußtseinszuständen beziehungsweise ihre Verwechslung - ich spreche hier von »Prä/Trans-Verwechslung« nachzudenken, wächst eine Überzeugung, daß es ganz entscheidend ist, hier Klarheit zu gewinnen, wenn wir die Natur höherer (tieferer) oder wahrhaft spiritueller Bewußtseinszustände verstehen wollen.
Gemeint ist mit »Prä/Trans-Verwechslung« zunächst etwas ganz Einfaches: Da prärationale und transrationale Zustände beide auf ihre je eigene Weise nichtrational sind, können sie dem ungeschulten Auge als ähnlich, wenn nicht identisch erscheinen. Sind jedoch prä und trans erst einmal verwechselt oder gleichgesetzt, kommt es zu Denkfehlern zweierlei Typs:

Durch einen Denkfehler der ersten Art werden alle höheren und transrationalen Zustände auf niedrigere und prärationale reduziert. Echte mystische oder kontemplative Erfahrungen beispielsweise werden als Regression zu infantilem Narzißmus, ozeanischem Adualismus, Indissoziation oder sogar als primitiver Autismus gedeutet. Diesen Weg nahm beispielsweise Freud in Die Zukunft einer Illusion.
Solche reduktionistischen Darstellungen setzen die Rationalität als den großen endgültigen Omega-Punkt der individuellen und kollektiven Entwicklung, als Hochwassermarke aller Evolution. Tiefere, weitere oder höhere Kontexte gelten als nichtexistent. Also lebt man sein Leben entweder rational oder neurotisch ... Da es keine höheren Kontexte geben kann, müssen echte transrationale Zustände sofort als Regression zu prärationalen Strukturen erklärt werden. Das Überbewußte wird auf das Unterbewußte, das Transpersonale auf das Präpersonale reduziert, und das Emergieren von etwas Höherem muß als Einbruch des Niedrigeren gedeutet werden. Alle atmen erleichtert auf und der rationale Welt-Raum bleibt ungeschoren....

Ist man andererseits für höhere und mystische Zustände aufgeschlossen, verwechselt aber trotzdem prä und trans, dann wird man alles Prärationale zu transrationaler Glorie erheben oder elevieren wollen, indem man zum Beispiel den infantilen primären Narzißmus als unbewußtes Schlummern in der Unio mystica (Alleinheit) auffaßt. Jung und seine Nachfolger haben häufig diesen Weg beschritten und tiefe Transpersonalität und Spiritualität in lediglich undissoziierte und undifferenzierte Zustände hineingelesen, denen es an jeglicher Integration mangelt.
Für den elevationistischen Standpunkt ist die transpersonale und transrationale mystische Vereinigung der letzte Omega-Punkt, und da die (egoische) Rationalität dazu neigt, diesen höheren Zustand zu leugnen, muß sie den Tiefpunkt menschlicher Möglichkeiten darstellen, eine Verderbtheit, die Ursache aller Sünde und Trennung und Entfremdung. Hat man die Rationalität aber erst zum Anti-Omega erklärt, wird man bald alles Nichtrationale als direkten Weg zu Gott verherrlichen, und alles - wie infantil, regressiv und prärational es auch sein mag - ist uns recht, wenn es nur die böse, skeptische Rationalität aus dem Feld schlägt. »Ich glaube, weil es absurd ist« - das ist der Schlachtruf der Elevationisten (und alle Romantik ist zutiefst davon geprägt).

Freud war ein Reduktionist, Jung ein Elevationist - die beiden Seiten der Prä/Trans-Verwechslung. Wir müssen hier sehen, daß sie beide zur Hälfte recht und zur Hälfte unrecht haben. Ein gut Teil der Neurose ist tatsächlich als prärationale Fixierung/Regression zu erklären; andererseits gibt es mystische Zustände wirklich, aber jenseits (und nicht diesseits oder unterhalb) der Rationalität - und solche Zustände dürfen nicht reduziert werden.

Der größte Teil der jüngeren Moderne, zumindest seit Feuerbach, Marx und ganz gewiß seit Freud, war von der reduktionistischen Haltung gegenüber dem Spirituellen beherrscht: Alles spirituelle Erleben mußte als Regression gedeutet werden. Und es scheint eine Art Überreaktion zu sein, daß jetzt, spätestens seit den sechziger Jahren, allerlei Formen des Elevationismus um sich greifen. Als Beispiel, aber keineswegs als einziges, mag die New-Age-Bewegung gelten. Alle möglichen Bestrebungen, auch solche von höchst zweifelhafter Herkunft und Authentizität, werden als transrational ausgegeben und mit einem Heiligenschein versehen, wenn sie nur nichtrational sind. Alles Rationale ist falsch; alles Nichtrationale ist spirituell.
Der GEIST ist nichtrational, aber eben trans und nicht prä. Er regrediert nicht und schließt die Vernunft aus, sondern er transzendiert sie, schließt sie dabei jedoch ein. Die Vernunft hat wie jede andere Stufe der Evolution ihre ganz eigenen und manchmal verheerenden Beschränkungen, die zu Repression und Entstellung führen können. Aber die inneren Probleme jeder Entwicklungsebene werden, wie wir gesehen haben, erst auf der nächsten gelöst oder »entschärft« - und nicht dadurch, daß man auf frühere Ebenen regrediert, wo das Problem allenfalls ignoriert werden kann....
Viele der nichtrationalen Ansätze sind, leider, elevationistisch und daher nicht jenseits der Logik, sondern noch gar nicht bis zur Logik gelangt. Sie glauben, sie seien es, sie sehen sich als Besteiger des Berges der Wahrheit, aber mir scheint, sie sind nur gestolpert und erleben das atemberaubende Gefühl des freien Falls als Glückseligkeit. So gern sähen sie ihren Kollisionskurs als Paradigma der kommenden Welt-Transformation anerkannt, und alle, die ihrer Bruchlandung so fasziniert entgegensehen, wie man eine Massenkarambolage auf der Autobahn begafft, tun ihnen so leid, und sie nicken traurig, wenn wir die Teilnahme an ihrem Abenteuer dankend ablehnen....« (Wilber in »Eros, Kósmos, Logos« S. 259 ff)
 

 

 

Die Verwechslung psychischer Störungen der prä- und der transpersonalen Entwicklung

 

 


Wie oben erwähnt kann es natürlich sowohl bei Menschen, deren Selbst sich mit präpersonalen Ebenen identifiziert, als auch bei Menschen in transpersonalen Bereichen zu psychischen Störungen kommen, die auf den ersten Blick sehr ähnlich aussehen. Inzwischen sind von verschiedenen Seiten Kriterien erarbeitet worden, die eine Differenzierung zwischen beiden erleichtern. Damit müßte es Ärzten und Psychologen problemlos möglich sein, Fehldiagnosen zu vermeiden. Während bei psychotischen Zuständen in der akuten Phase eine medikamentöse Ruhigstellung angeraten erscheint, bedarf eine spirituelle Krise/mystische Erfahrung zuallererst eines schützenden, befördernden Rahmens, möglichst durch Menschen, die mit Zuständen sdieser Art vertraut sind (z. B. Spiritual Emergence Network Deutschland) sowie anschließend Hilfestellung bei der kognitiven Integration dieser Erfahrung.
 

 

 

Kriterien zur Differentialdiagnose nach Christina und Stanislav Grof

 

 

(Grof, Christina und Stanislav (1991). Die stürmische Suche nach dem Selbst. München: Kösel. S. 362 f; für die Online-Darstellung gekürzt)
 

 

 

 

Spirituelle Krise
 

Psychotische Zustände
 

 

 

 

keine organische Schädigung des Gehirns nachweisbar
 

oft organische oder funktionelle Schädigungen des Gehirns nachweisbar
 

 

 

 

Intellekt und Gedächtnis qualitativ verändert, aber intakt
 

Beeinträchtigung von Intellekt und Gedächtnis
 

 

 

 

Bewußtsein meist klar
 

umnebeltes Bewußtsein, Verwirrung
 

 

 

 

gute grundlegende Orientierung (Name, Zeit, Ort)
 

Probleme mit der grundlegenden Orientierung
 

 

 

 

Koordination nicht ernsthaft gestört
 

schlechte Koordination
 

 

 

 

Fähigkeit zu Kommunizieren und zu Kooperieren (gelegentlich eingeschränkt durch tiefes Involviert-Sein in den inneren Prozeß)
 

durch Verwirrung, Desorganisation und gestörte kognitive Funktionen wird Kommunikation und Kooperation behindert
 

 

 

 

angemessenes soziales Funktionsniveau vor der Episode; keine ernsthafte psychiatrische Vorgeschichte
 

meist bis in die Kindheit zurückverfolgbare Vorgeschichte ernsthafter psychischer Schwierigkeiten
 

 

 

 

Netzwerk befriedigender Beziehungen
 

schon vorher große zwischenmenschl. Probleme
 

 

 

 

Patient ist sich bewußt, daß es sich um einen innerpsychischen Zustand handelt
 

innere Erfahrung und Aussenwelt werden verwechselt
 

 

 

 

Wunsch nach Kooperation und Mitteilen des Erlebten in der Therapie
 

Rückzug und Aggression erschweren die therapeutische Beziehung
 

 

 

 

es besteht Vertrauen, um Hilfe anzunehmen
 

starkes Mißtrauen, bis zum Verfolgungswahn
 

 

 

 

wenig selbstzerstörerische Tendenzen, Vorsichtsmaßnahmen werden akzeptiert; gute Kooperation in Belangen der körperlichen Gesundheit
 

selbstzerstörerische Impulse, werden ohne Vorwarnung ausgelebt; Verhalten gefährdet die Gesundheit
 

 

 


Kriterien zur Differentialdiagnose nach Saver und Rabin (1997)

 

 

(Saver, Jeffery L. & Rabin, John (1997). The neural substrates of religious experience. in: The Journal of Neuropsychiatry and Clinical Neurosciences, 1997;9:498-510. Arlington, USA. S. 506)
 

 

 

 

Merkmal
 

Mystischer Zustand
 

Psychotischer Zustand
 

 

 

 

Halluzinationen

oft visuell; typisch sind ältere, weise Ratgeber
 

vornehmlich auditorisch, oft anklagend
 

 

 

 

Vokabular

religiöse Wortwahl, generell harmonische Konnotation: Gott, Friede, Geist
 

häufige Themen von Krankheit und Abweichung
 

 

 

 

Persönliche Rolle

Individuum als selbstnegierendes Werkzeug einer höheren Kraft
 

persönliche Grandiosität und Allmacht
 

 

 

 

Affekt

ekstatisch, freudig
 

indifferent oder verschreckt
 

 

 

 

Dauer des Zustandes

vorübergehend, gewöhnlich Stunden, danach vollständige Rückkehr
 

persistierend für Monate oder Jahre; residualer Wahn, reduzierte soziale Funktion
 

 

 

 

Rückzug

mögliche Rückkehr, um die Erfahrung mit anderen zu teilen
 

fortschreitende Isolierung ist obligatorisch
 

 

 

 

gestörter Sprachausdruck

Glossolalie (Zungensprechen): Sprache ist dem Sprecher selbst unbekannt und unverständlich; Sprachfluss ist eingeschränkt
 

Denkstörungen: Sprache enthält Neologismen und bizarre Assoziationen, bekannte Sprache; Denkblockaden können auftreten
 

 

 

 

kulturelle Vergleichbarkeit

Glaubenssysteme werden als valide durch andere Vertreter derselben Kultur/Subkultur anerkannt

Glaubenssysteme werden durch andere Vertreter derselben Kultur/Subkultur abgelehnt

 

 

Fußnoten:
 

 

(1)

Parallele Entwicklungen gibt es auch in der Gesellschaft als ganzer. Dabei vertreten zu ungefähr je gleichen Teilen die Bewohner in den europäischen Industrienationen die mythische (D-4, entspricht dem Regel-Rollen-Bewußtsein) oder die rationale Weltsicht (D-5, formales Denken, reifes Ego). Nur zahlenmäßig kleine Gruppen sind Vertreter des pluralistisch-relativistischen Denkens (D-6) bzw. gar eines transrationalen Bewußtseins (D-7, Schau-Logik). (Ich beziehe mich auf Untersuchungen von Graves an ca. 50 000 Probanden, zitiert in: Wilber, »Integrale Psychologie«, S. 57 f). Die Abbildung verdeutlicht gut, daß prä- und transrationale Bewußtseinsebenen Zugang zu gleichen Sphären haben - ohne jedoch das gleiche zu sein! Ein transrationaler Weiser ist einem Kind nur ähnlich - er ist kein Kind!
 

 

 

(2)

Wilber unterscheidet deutlich zwischen Mythos (gekennzeichnet durch Glauben) und Mystik (gekennzeichnet durch existentielle nichtpersonale Erfahrungen). Diese Unterscheidung hat sich im Deutschen als unterschiedliche Verwendung der Begriffe Religion und Spiritualität genau in diesem Sinne eingebürgert. Dabei ist es durchaus möglich, innerhalb einer institutionalisierten Religion zur Spiritualität zu kommen. Viele christliche Mystiker wie Meister Eckehart etc. sind Beispiel dafür. Grundsätzlich ist die Erfahrung subtiler und kausaler Wahrheiten auf jeder Bewußtseinsebene möglich, was verschiedene Ebenen von Spiritualität zur Folge hatte, z.B. Schamanismus, Theismus, Pantheismus (als Spiritualität auf der rationalen Ebene. Die dazugehörige Religion ist der Atheismus, der ja wissenschaftstheoretisch gesehen genauso ein Glaube ist, wie z.B. das Christentum - nur eben auf anderer Ebene) und Panentheismus.
 

 

 

(3)

Für Wilber emergiert die Zukunft grundsätzlich durch Selbsttranszendenz aus der Gegenwart und niemals durch Regression in die Vergangenheit, wie »Romantiker« verschiedener Coleur es wünschen - weder zu einer mythischen Religion, noch zu einer prähistorischen Produktionsweise noch zu einer frühkindlichen Bewußtseinsebene. Jede Ebene generiert ihre eigenen Probleme, die sich immer erst auf der nächsthöheren lösen lassen - Regression auf eine flachere Ebene führt lediglich zur Problemvermeidung, nicht zur Lösung.
 

 

 

 

 

 

 

 

 

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